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Heute, den 25.07.2019 jährt sich die Gründung der Heilig Geist Spital Stiftung.

Die Festrede des geschäftsführenden Vorstand der Heilig Geist Stiftung Herrn Wersch möchten wir hier einem breitem Publikum zur Verfügung stellen. DIe Festrede von Herrn Oberbürgermeister Dr. Christian Lösel folgt.
Es gilt das gesprochene Wort:

Rede von Herrn Wersch

2019 07 25 Wersch

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

seit 01.04.2019 bin ich jetzt Stiftungsvorstand von HGS.
Heute besteht diese Stiftung seit 700 Jahren.
116 Tage im Verhältnis zu 255.675 Tagen,
diese Dimension macht deutlich, welche historische Bedeutung
und jahrhundertewährende Qualität im Dienst der Bürgerinnen und Bürger Ingolstadts
unsere Stiftung gewährleistet.

Meine Damen und Herren,
die Stiftung ist seit vielen Jahren in Schieflage, und befindet sich aktuell insgesamt operativ und finanziell in keinem guten Zustand.
Dies ändert aber nichts daran, dass dieses Jubiläum mit der gebotenen Demut zu feiern ist - ich finde Rahmen und Umfang dieses Festaktes angemessen - und die HGS, ganz besonders die mit ihr verbundenen Menschen, eine positive Wahrnehmung und Schlagzeilen verdienen.
Deshalb freuen mich dieser Festakt und das Sommerfest heute
und es ist schön, dass Sie da und unserer Einladung gefolgt sind.

Meine Damen und Herren, ja, es ist Zeit für positive Nachrichten, darauf komme ich nochmals zurück. Aber wir können an einem solchen Tag mit der Hoffnung auf viele weitere Jahrhunderte nicht selbstgefällig ohne das Bewusstsein der Versäumnisse vergangener Jahrzehnte
Miteinander feiern und ehrlich umgehen.

Von Anfang an, also seit sieben Jahrhunderten, ist unsere Kernaufgabe die Betreuung von hilfsbedürftigen alten Menschen durch zeitgemäße Pflege und Unterstützung. Damit leistet die Stiftung eine äußerst wertvolle Arbeit.

Einer solchen Stiftung gebührt Respekt und besondere Wertschätzung.
Daran hat es seit vielen Jahrzehnten gefehlt und Vielen in Ingolstadt
ist auch aktuell der dauernde Wert einer solchen Institution nicht bewusst.

Das ist bedauerlich und zeigt, dass viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch Menschen
aus Politik und Verwaltung, sich zu wenig um Ihre traditionellen Institutionen und deren Bedeutung für das gemeinschaftliche Leben heute interessieren.

Dies ist – so glaube ich – eine Folge moderner starker Netzwerke, deren Existenz ich begrüße, deren Bestehen aber die Gefahr birgt, dass der Nutzen und die Notwendigkeit altehrwürdiger Stiftungen wie der unseren nicht mehr in angemessener Weise im Mittelpunkt stehen und anerkannt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ich lege aber Wert auf die Feststellung, dass es im Interesse der Stadtgesellschaft liegt, wenn die HGS ihre Fähigkeiten, ihre Einsatzgebiete, auch in einer wirtschaftlich ungewissen fernen Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger Ingolstadts und des Umlands bereitzuhalten vermag.

Die Ausgangslage dafür ist aktuell nicht gerade überragend.
Wirtschaftlich und operativ ist die Stiftung stark angeschlagen.
Wenn eine kommunale Stiftung mit Ihren Einrichtungen und Vermögenswerten an einem solchen finanziellen und baulichen Zustand angelangt ist, dann kann in den vergangenen Jahrzehnten in der administrativen und politischen Führung nicht viel richtig gemacht worden sein.
Schließlich steht außer Frage, dass man das Vermögen und damit die Kraft und Möglichkeiten der Stiftung auch hätte mehren können.
Dies ist nicht geschehen und nun müssen wir quasi vom letzten Platz
das Rennen neu beginnen, in einer Phase, Meine Damen und Herren,
wie sie für unsere Aufgabe der Bereitstellung von Pflege und Betreuung von Seniorinnen und Senioren schwieriger nicht sein könnte.
Unsere Mitarbeiter haben an diesen negativen Entwicklungen keinen
Anteil, leiden aber als Mitarbeiter in Pflege, Betreuung, Hauswirtschaft und Küche
unter der generell fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung.
Hinzu kommt bei HGS die seit Jahren andauernde Negativberichterstattung – bis in die letzten Tage.
(Recherche, Erkenntnisgewinn ?)
Das belastet alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerordentlich
und selbstverständlich auch Bewohner und Angehörige.

Meine Damen und Herren,
ja ich spreche die Probleme offen an,
ja ich kritisiere die Verantwortlichen – eigentlich mehr noch, als ich das heute zum Ausdruck bringen will -, und ich tue das, weil alles andere scheinheilig wäre und der Realität nicht gerecht würde.
Das ist nun leider so.

Aber meine Damen und Herren,
ich sage für die HGS auch deutlich in Richtung Politik und Medien:
Es geht immer um die Menschen!
Profilierungsversuche und Berichterstattungen werden stets auf dem Rücken der Mitarbeiter, auf dem Rücken unserer Bewohnerinnen und Bewohner sowie deren Angehörigen ausgetragen, dessen sollte man sich stets bewusst sein.

Deshalb appelliere ich an sie alle, an die Damen und Herren des Gemeinderates, die engagierten Bürgerinnen und Bürger und insbesondere die Medien, den heutigen Jubiläumstag
als Wendepunkt in der jüngeren Geschichte der Stiftung anzusehen
und sich ab sofort
– gleichwohl ohne Leugnung von Versäumnissen und Fehlern -
der Zukunft zuzuwenden und die Stiftung mit allen dort engagierten Kräften auf ihrem schwierigen Weg zu geordneten Verhältnissen
zu unterstützen.
Alle Verantwortlichen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen für die Stiftung großen Einsatz und versuchen, stabile Verhältnisse als Basis für eine erfolgreiche Zukunft wiederherzustellen.

Die HGS hat nicht 700 Jahre ihre Aufgaben gut und zuverlässig wahrgenommen – lange bevor es andere getan haben -,
um jetzt ihre Kernkompetenz aufzugeben.
700 Jahre HGS ist deshalb aus meiner Überzeugung nur ein Jubiläum mitten im Leben, keine feierliche Schlussbilanz,
sondern eben ein Zwischenschritt auf der hoffentlich vor uns liegenden langen Wegstrecke dieser wichtigen Institution.

Meine Damen und Herren,
auf diesem Weg brauchen wir die Unterstützung der Stadt und des Stadtrats.
Ihr Beschluss heute, Meine Damen und Herren des Stadtrats, ist überfällig und angemessen und – nur ein Schritt zur Konsolidierung und Weiterentwicklung der HGS.

Wir werden – ich hoffe schon sehr bald - wieder im Stadtrat Thema sein, wenn es um die Überlassung des Grundstücks in der FG geht, und zwar zu einem sozial vertretbaren Preis. (Nachteiliges Erbbaurecht)
Dieser Kauf ist eine wesentliche Voraussetzung für die Finanzierung von baulichen Maßnahmen und die Planung von Aktivitäten im Bereich ambulant betreuter Wohnformen, möglicherweise erweitert um einen Akzent aus dem Bereich von Mehrgenerationenwohnanlagen.

Mehrgenerationenwohnanlagen stellen eine gelebte gegenseitige Unterstützung und eine Bereicherung aller Lebensbereiche dar.
Zugleich können wir dabei unsere vielseitigen Erfahrungen als Pflegedienstleister einbringen.

Wir brauchen weiterhin Unterstützung bei der Aufrechterhaltung von Kurzzeitpflegeangeboten, die im Rahmen der Ambulantisierung der Pflege eine besondere Bedeutung haben.
Und vor allem wollen wir mit Unterstützung der Stadt neue zukunftsgerichtete stationäre und ambulante Angebote an der Jahnstrasse in einer Quartiersgestaltung verwirklichen,
die den Ruf Ingolstadts im Bereich der Angebotsgestaltung und Aufenthaltsqualität für unsere Seniorinnen und Senioren deutlich stärkt
und deren Anlage Alt und Jung miteinander vortrefflich verbindet.

Ich hätte das alles gerne schon heute als Gewissheit, aber das ist leider nicht der Fall. Dafür war wohl die Zeit zu knapp und die Forderung zu groß.
Aber ich hoffe zuversichtlich, dass die D+H des Stadtrats den Weg dahin ebnen, dass unter Beachtung des Denkmalschutzes Nutzungskonflikte zugunsten eines solch integrativen Quartiers entschieden werden und alle Verantwortlichen die Chancen dieser Stadtentwicklung erkennen.

Meine Damen und Herren,
dies alles – angefangen von der Konsolidierung der Vermögensverwaltung bis hin zur Realisierung der genannten Maßnahmen – ist äußerst ambitioniert.
Aber – es kann gelingen.
Und die Zuversicht steigt auch mit der Unterstützung durch aktive Bürgerinnen und Bürger.
Ich bin dankbar für den Einsatz vieler ehrenamtlich Aktiven und wäre sehr froh, wenn solvente Bürgerinnen und Bürger in Anerkennung der jahrhundertewährenden Leistung unserer Stiftung
– und zwar ohne Steuermittel –
in Zukunft auch wieder der HGS mit Spenden und Zustiftungen unter die Arme greifen, wir können das gebrauchen.

Liebe Gäste,

neben alldem ist im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die Belastungen aller im Pflegesystem Beschäftigten künftig mehr denn je von Bedeutung, dass wir die Mittel der Stiftung einsetzen auch für die Arbeitszufriedenheit und Entlastung unserer Mitarbeiter.

Wir werden auf Jahre hinaus einen Verdrängungswettbewerb erleben

und auch deshalb müssen wir die Kurve bekommen, damit es in Ingolstadt wieder „IN“ ist, bei der HGS zu arbeiten, von HGS betreut zu werden und Angehörige uns anzuvertrauen.

Schlussendlich hoffen wir alle auf eine stabile Zukunft dieser Stiftung, verbunden mit der notwendigen Offenheit und Wertschätzung durch die Menschen und die Politik in Ingolstadt und gemeinsam getragen von dem Wunsch,  dass auch zum 800-jährigen Jubiläum ein Stiftungsvorstand das sagen kann, was ich ihnen heute ankündige:

„Mit uns – der HGS – ist zu rechnen. So war es und so wird es bleiben.“